Betont schüchtern und introvertiert stelle ich mich vor: „Hallo, ich bin der äh, äh, Philipp.“
Wie ein Echo schallt es von ringsherum vielstimmig zurück: „Hallo, ich bin der äh, äh, Philipp.“
Irgendwie fühle ich mich nach dieser Begrüßung wie bei den Anonymen Alkoholikern, wie sie in Film und Fernsehen gerne portraitiert werden. Doch in Wahrheit befinde ich mich auf einem Präsentationsworkshop im Staatstheater Nürnberg, umgeben von Mitazubis, Ausbildern, einer Theaterpädagogin und einem Schauspieler. Wenigstens also nicht anonym.
Weiter geht es mit Laientheater. Mal sind wir alle schimpfende und fluchende Eltern, mal Topmodels (wir kommen der Sache schon näher, aber es sieht soaus, als wären wir tatsächlich alle betrunken). Als wir dann auch noch alle anfangen, mit heraushängender Zunge vor uns hin zu schreien und auf einem Bein stehend die Zahlen von eins bis neun mit dem freien Fuß in die Luft zu malen, bin ich wirklich froh, dass die Fenster mit schweren, schwarzen Vorhängen verhangen sind. Langsam aber sicher macht es jedoch richtig Spaß, sich einfach mal gehen zu lassen, bei Sprechübungen vor sich hin zu sabbern und die für jeden nüchternen Menschen unverständliche Babysprache zu kultivieren (blablabubbidubbdidaa…)
Spot an, spür die Schlingpflanze in dir!
Wie die Hühner auf der Stange sitzen wir (endlich sitzen!) nebeneinander, zwei grelle Bühnenscheinwerfer strahlen von hinten auf den Bereich vor uns: die improvisierte Bühne. Dort dürfen wir jetzt einer nach dem anderen unsere frei erfundenen Geschichten erzählen und werden daraufhin von Profi-Schauspieler Tommy gecoacht. Es geht um Rhetorik, Modulation, Körpersprache. Wir lachen laut und lernen viel über „zerlatschte Pausen“, Schlingpflanzen in uns, verschiedene Blickweisen auf die Welt, ewigwährende Pausen und vieles mehr. Und plötzlich ist sie da, die Rampensau in jedem von uns und wir machen unsere Sache wirklich gut! Erst jetzt merken wir, dass die „Anonymen-Alkoholiker-Übungen“ von vorhin mehr waren als kindlicher Zeitvertreib. Wir sprechen deutlicher, stehen sicherer und sind gelassener als noch vor 2 Stunden.
Auf dem Nachhauseweg merke ich, dass ich grinse, als ich mir vorstelle, wie wir wohl vorhin ausgesehen haben mussten, bei all den Übungen… Naja, daheim in meinem Zimmer sieht mich ja hoffentlich keiner, wenn ich die Übungen in Zukunft nachmache…