Männliche Führungskraft in Elternzeit

Ich bin dann mal weg …

von am Mittwoch, 13 Dezember 2017
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Im Januar 2016 erfuhren wir, dass sich ca. 9 Monate später unser Leben komplett verändern sollte. Wir waren schwanger!


Bereits vor der Schwangerschaft haben wir das theoretische Modell für uns entwickelt, wie ein Leben mit Nachwuchs für uns aussehen könnte. Meine Partnerin ist selbstständige Taekwondo-Trainerin und ich habe als Teamleiter für Datenbanksysteme bei DATEV auch sehr viel Verantwortung. Wie soll also ein Leben mit Kind aussehen, wenn es nur zu Hause betreut werden soll – möglichst ohne Kinderkrippe? Eine komplette Auszeit der Mama war nicht möglich und die zwei Vätermonate eben keine ausreichende Option.

Ein unübliches Modell sollte es also für uns sein: Ich als Papa beantrage die gesetzliche Elternzeit von drei Jahren und bleibe das erste Lebensjahr des Kindes komplett zu Hause. Im zweiten und dritten Jahr der Elternzeit wollte ich in Teilzeit arbeiten.

Wie sage ich es dem Chef?

Natürlich wusste ich, dass es den Vätern laut Gesetz genauso zusteht, die Elternzeit im kompletten Ausmaß zu beantragen. Das sollte einem ja eigentlich die Gelassenheit geben, das entsprechend zu kommunizieren. War aber nicht so! Ich kannte, ehrlich gesagt, niemanden in der Kategorie „männliche Führungskraft“, der die komplette Elternzeit genommen hat und konnte mir vorher auch keine validen Tipps einholen.

Wie wird der direkte Vorgesetzte reagieren? Wird das alles so akzeptiert werden? Was sind die beruflichen Konsequenzen, die ich dann tragen muss? Alles Fragen, die einem durch den Kopf gehen, obwohl man sich selbst immer wieder vor Augen führt, dass es doch gesetzlich geregelt ist und man das auch wirklich „darf“. Erschwerend kam bei mir noch dazu, dass ich im Jahr 2015 eine Assessment Center für Abteilungsleiter bestanden hatte und für mich der nächste Schritt auf der sogenannten Karriereleiter möglich wurde.

Mit Herzklopfen und einer PowerPoint-Präsentation präpariert, wollte ich nun meine Vorgesetzten davon überzeugen, wie Teamleitung und später Abteilungsleitung in Teilzeit sehr gut funktionieren könnte. Nach meiner kurzen Präsentation sah ich meinen Hauptabteilungsleiter erwartungsfroh an.

Kein Problem

„Herr Bergner, erstmal Herzlichen Glückwunsch und das machen wir dann so! Wir können das organisieren, dass es klappt. Dazu stehen wir!“ Wow! Ich war sehr erstaunt, mit welcher Konsequenz DATEV das Thema „Work/Life-Balance“ lebt und es mir als Mitarbeiter ermöglichen möchte, beides miteinander zu verbinden.

Wie war das eine Jahr mit kompletter Auszeit?

Nicht nur das Erlebnis, bei einer Geburt dabei sein zu dürfen, ändert die Sichtweise auf Dinge sehr nachhaltig. Zwölf Monate die Zeit zu haben, sich um den kleinen Erdenbürger zu kümmern, mit allem, was dazu gehört – im Guten (Spielen, Toben, Lachen) wie im Schlechten (Müdigkeit, Gereiztheit, Neid) Herrlich!

Ich habe gelernt, was es bedeutet, die Verantwortung wirklich zu tragen und ich ziehe meinen Hut vor allen, die es machen! Ich war eigentlich nie alleine, wir haben das wunderbar gemeinsam machen können. Aber ich habe nun ungefähr eine Idee davon, wie es ist, wenn man das alleine stemmen muss!

Juhu – Back2work

Ich arbeite nun tatsächlich als Abteilungsleiter „Teilzeit in Elternzeit“. Aktuell mit 25 Stunden. Vormittags DATEV, ab Mittag bin ich für meinen Kleinen da. Die Mama macht den Vormittag und geht nachmittags arbeiten. Unser Modell!

Es erfordert viel eigene Disziplin, für sich selbst die 25 Stunden im Blick zu haben und es braucht Kollegen, die das mittragen. Ich habe das Glück, diese Kollegen zu haben! Sie vertreten mich am Nachmittag und leisten sehr viel. Sicher werde ich das irgendwann zurückgeben können, wenn ein anderer Papa oder eine andere Mama an die Wickelkommode gerufen wird. Sehr gerne und mit viel Verständnis!

 

Über den Autor

Stefan Bergner ist seit Juli 2011 bei DATEV. In seiner Freizeit widmet er sich seiner Familie, ist Kampfsporttrainer in einem großen Sportverein und drückt dem 1.FCN die Daumen. Ehrenamtlich ist er außerdem Referent im Rahmen der Trainerausbildung der Bayerischen Taekwondo Union.