Equal Pay Day

Equal Pay und Equity @DATEV – wo stehen wir?      

von am Montag, 7 März 2022
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Zum Glück, kann man sagen, hat sich gesamtgesellschaftlich der Diskurs rund um das Thema Gerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe in den vergangenen Jahren zunehmend geweitet. Wir sprechen über die Vielfalt von Vielfalt, von unterschiedlichen Lebensläufen, Bildungsbiografien, diversen Herkünften oder sexuellen Orientierungen. Wir arbeiten daran, eine Kultur zu schaffen, in der alle Perspektiven gehört, gesehen und wertgeschätzt werden. Eine Dimension, über die wir hier immer noch sprechen müssen, und bei der es nach wie vor großen Handlungsbedarf gibt, ist die Geschlechtergerechtigkeit – also ein zentraler Bereich von „Equity“. Selbstverständlich hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viel getan in Punkto Gleichstellung. Aber es gibt noch richtig viel zu tun.  

Der heutige deutsche Equal Pay Day, der zufällig auf einen Tag vor dem Weltfrauentag fällt, ist für uns bei DATEV Anlass, das Thema Geschlechtergerechtigkeit auf die Agenda zu setzen. Aus gesellschaftlicher Perspektive – aber auch mit unserer spezifischen DATEV-Brille.  

Der Equal Pay Day markiert symbolisch die „unbereinigte geschlechtsspezifische Lohnlücke“ (siehe Infokasten), die laut Statistischem Bundesamt (Destatis) in Deutschland 18 Prozent beträgt (Stand März 2021). Bis zu diesem Tag im Jahr arbeiten Frauen umsonst, während Männer schon seit dem 1. Januar für ihre Arbeit bezahlt werden. Das ganze unter der Annahme, dass Männer und Frauen den gleichen Stundenlohn erhielten. Die Tendenz ist durchaus positiv: während der Equal Pay Day in Deutschland im Jahr seiner Gründung 2009 auf den 20. März viel, ist er nun 13 Tage früher, am 7. März. Aber der 1. Januar ist nach wie vor in weiter Ferne.   

Das National Committee on Equal Pay hat 1996 den Equal Pay Day in den USA ins Leben gerufen. 1963, als in den USA der Equal Pay Act in Kraft trat, betrug die Lohnlücke in den Staaten sage und schreibe 41%. Der Equal Pay Act verpflichtet Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit zu zahlen (“Equal Pay for equal work”). Betrachtet man die sogenannte “bereinigte geschlechtsspezifische Entgeltlücke” (siehe Infokasten), schrumpft er in Deutschland auf 6% (Destatis 2019).   

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Auswirkungen der geschlechtsspezifischen Entgeltlücke? Ein Rechenbeispiel 

Das ist signifikant weniger als die obengenannten 18%. In Zahlen ausgedrückt: bei einem durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen von 50.000€ beträgt der bereinigte Pay Gap 3.000€ pro Jahr. Geht man von einer durchschnittlichen Lebensarbeitszeit von 40 Jahren (Statista 2020) aus, sind das auf die Erwerbsbiografie hochgerechnet 120.000€. 120.000€ die eine Frau, allein aufgrund ihres Geschlechts, bei gleicher Qualifikation, gleichen Tätigkeiten und Erwerbsbiografien weniger verdient als ihr männlicher Kollege.   

Der “unbereinigte” Pay Gap von 18% entsteht aus strukturellen Gründen. Er lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. Auch arbeiten sie häufiger als Männer in Teilzeit und in Minijobs und sie erreichen außerdem seltener Führungspositionen. Darauf werden wir noch zu sprechen kommen, wenn wir die DATEV-Brille aufsetzen. Bezieht man diese Aspekte mit ein, werden aus den 120.000€ aus dem obigen Beispiel 9.000€ per annum und 360.000€ auf die gesamte Erwerbsbiografie betrachtet. Das sind nicht einfach nur „Peanuts“, die im Alltag fehlen – sondern hat unter anderem massive Auswirkungen auf Rentenansprüche und birgt ein großes Risiko für Altersarmut.   

 

Die langfristigen Effekte auf die Renten beunruhigen sogar die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 

So lässt sich auch der „Gender-Pension-Gap“ erklären. Eine Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD 2011 und BMFSFJ 2011) hat gezeigt, dass die Differenz des persönlichen eigenen Alterssicherungseinkommens von Frauen im Vergleich zu Männern in Deutschland bei erschreckenden 44,8% lag. Das Persönliche eigene Alterssicherungseinkommen beinhaltet gesetzliche Renten, betriebliche Altersvorsorgen sowie private Lebensversicherungen. Damit lag Deutschland weit abgeschlagen im europaweiten Vergleich auf dem letzten Platz. Spitzenreiter war Estland – mit 5%!  

Aktuelle Zahlen gibt es hierzu leider nicht. Aber der eklatante Unterschied zwischen Deutschland und Estland zeigt auch: nichts davon ist gottgegeben. Diese Lücke ist laut OECD zurückzuführen auf ein jahrzehntelanges Erbe von Ungleichheit beim Lohn und in den Karrieren. Um den Gender-Pay- sowie den Gender-Pension-Gap zu schließen sei ein ganzheitlicher, gesellschaftlicher Ansatz notwendig, der die Beschäftigungs-, Sozial- und Familienpolitik umfasst. Denn auch wenn junge Frauen heute mehr verdienen als früher ist der nach wie vor bestehende Pay Gap und vor allem die ungleiche Verteilung der sogenannten „Care Arbeit“ eine große Herausforderung.  

 

 

Equal Pay bei DATEV – Yes, we can! 

Die erfreulichen Nachrichten: eine externe Evaluierung von 2020 hat ergeben, dass der bereinigte Gender-Pay-Gap bei DATEV bei 1,1% liegt. Wir stehen hier also sehr viel besser da als der Bundesdurchschnitt mit 6%, wobei die durchschnittliche bereinigte Entgeltlücke in der IT-Branche mit 5,2% etwas niedriger liegt (Honeypot Studie 2018). Equal Pay bei DATEV? Yes, we can!   

Also – alles super bei uns?  

Nicht ganz. Was nämlich auffällig ist: tendenziell ist es so, je höher wir in die Vergütungsgruppen und auch in die Hierarchie blicken, desto weniger Frauen finden sich dort überhaupt. Und betrachtet man die Diskussionen zum Thema Frauen in Führung, Frauenquoten usw. stellt man fest, dass die DATEV natürlich auch hier ein Spiegel der Gesellschaft ist. Wie das mit dem Thema Equal Pay zusammenhängt? Ganz einfach: nach wie vor ist es so, dass höhere Gehälter häufig mit Führungspositionen einhergehen. Sicher nicht ausschließlich, aber tendenziell. 

Beispielhaft kann man also sagen: eine leitende Angestellte bei DATEV verdient höchstwahrscheinlich nahezu dasselbe wie ihr männlicher Kollege. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie es als Frau bei DATEV (und ja: „gesellschaftsweit“) überhaupt zur leitenden Angestellten schafft, ist deutlich geringer. Das ist erst einmal eine Tatsache. Die Gründe hierfür sind vielfältig – und wir müssen sie endlich adäquat adressieren!   

Diese Erkenntnisse aus der Betrachtung des Gender-Pay-Gaps bei DATEV bestärken uns also in unseren Bemühungen, die Rahmenbedingungen bei uns so zu gestalten, dass mehr Frauen in Führung gehen können und wollen. Also weiterhin in Richtung Geschlechtergerechtigkeit – „Equity“ – zu arbeiten. Hilfreich ist hierbei beispielsweise auch die Erkenntnis einer internen Auswertung, dass es bereits durchaus Bereiche bei DATEV gibt, bei denen die Verteilung Männer/Frauen in Führung nahezu bei fifty-fifty liegt – und nur minimal sinkt je höher die Hierarchiestufe ist. Wir können hier also viel voneinander, auch intern, lernen.  

 

Es gibt also Luft nach oben – wie geht es weiter? 

Als mitbestimmtes Unternehmen sind wir rechtlich dazu verpflichtet, Zielgrößen für Frauen in Führung für Vorstand und die zwei Führungsebenen darunter festzulegen. Diese laufen im Juni 2022 aus. Im Vorstand und in der Führungseben darunter erreichen wir unsere Zielgrößen. Auf der darunterliegenden Ebene erreichen wir die Zielgröße nicht. Bei der nun anstehenden Vorstandsentscheidung über die Zielgrößen werden folglich nicht nur neue Zielgrößen gesetzt, sondern es sollen auch Maßnahmen zur konkreten Veränderung der Situation beschlossen werden.  

Es ist also viel Bewegung aktuell bei dem Thema – das zeigt auch der Aufschrei, ausgelöst durch ein Foto der Münchner Sicherheitskonferenz vom CEO-Lunch Ende Februar: ausschließlich „weiße, betuchte Männer“, Diversität, egal in welcher Dimension, Fehlanzeige. Null Diversität dort, wo machtvolle Entscheidungen diskutiert und mitunter getroffen werden, die weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen haben. Im Nachhinein stellte sich heraus: es waren 10 Frauen zum CEO-Lunch eingeladen – nur eine war gekommen, die auf dem Foto nicht zu sehen ist.  

Damit solche Bilder in Zukunft der Vergangenheit angehören, braucht es also eine Kraftanstrengung von uns allen! 

 

Unsere Gastautorin: Joanna Nogly-Aleksic