„Fragt, aber seid nicht böse, wenn ich keine Hilfe brauche“ – Ein Leben mit dem Blindenhund von am Montag, 20 April 2015
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Sie ist in DATEV-Kreisen bekannt als „die blinde Frau mit dem Hund und stets guter Laune“. Viele sind beeindruckt von ihrer Eigenständigkeit und positiven Ausstrahlung – ganz im Gegensatz zu manchen Morgenmuffeln, denen man am Gang begegnet.

MarionIhr Name ist Marion Ebert und sie gab uns Einblicke in ihre Welt, die nicht immer dunkel war. Als sie 1992 bei uns anfing, hatte sie noch ein Sehvermögen von 50 Prozent, was 18 Dioptrien entsprach. Eine Netzhautablösung, grauer und grüner Star kosteten sie trotz Hornhautverpflanzung vor 13 Jahren das Augenlicht.

Für Marion kein Grund ihren Arbeitsplatz zu verlassen. Eine Tastatur mit Blindenschrift und ein Programm, das ihr E-Mails vorliest sind ab jetzt ihre ständigen Begleiter. Genauso wie ihr Blindenhund Golden Retriever Sammy, der seit sechs Jahren nicht von ihrer Seite weicht.

Mit ihm fährt Sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln täglich zur Arbeit, doch so einen Service gibt es nicht umsonst: Ein ausgebildeter Blindenhund kostet bis etwa 20.000 Euro! „Das hat aber zum Glück die Kasse übernommen“, schmunzelt Marion und greift mühelos zu ihrer Kaffeetasse. Rundumbetreuung von Sammy heißt aber nicht, dass sie nicht mehr denken muss, im Gegenteil: Marion sagt: „Während Ihr euren Tag gemütlich beginnt, starte ich meinen mit Hochkonzentration“. Sie muss sich trotz Sammy immer darauf konzentrieren, wo sie gerade ist und was sie umgibt. Uns „Normalsehenden fällt nicht auf, wie viel auf der Straße herumsteht“ lacht Marion und nennt als Beispiel die Kreuzung Sigmundstraße/Virnsbergerstraße. Auch das Gerücht, der Hund sage ihr wann die Ampel  grün ist, stimmt so nicht, denn: „was die meisten nicht wissen, Hunde sind farbenblind – Sammy bringt mich nur zum Straßenübergang, auf die Blindenampel bin ich trotzdem angewiesen“.

Es gibt aber noch weitere Missverständnisse auszuräumen. Kinder fragen häufig, ob der Hund auch blind sei. Das kann mit einem klaren „NEIN“ beantwortet werden. Über solche Unstimmigkeiten kann Marion nur schmunzeln. Weniger amüsant findet sie allerdings, dass sie auf dem Gang teilweise nicht gegrüßt wird, weil die Leute denken, sie hätte sie nicht bemerkt. Doch durch das Wegfallen des Augenlichts sind die anderen Sinne geschärft. Das wird auch in unserem Gespräch mit ihr deutlich. Sie dreht sich immer genau zu der betreffenden Person, mit der sie gerade spricht, so als ob sie uns in die Augen schauen würde.

Wenn Marion nicht gerade in der Arbeit sitzt, verbringt sie ihre Zeit gerne mit ihrer Familie (3 Söhne und ihr Ehemann) oder geht mit ihnen am Wochenende ins Stadion des 1. FC Nürnberg. „Den Stress tue ich dem Hund allerdings nicht an“ meint sie und streichelt Sammys Kopf. Auf der Haupttribüne gibt es etwa 15 Plätze für Sehbehinderte, die das Spiel durch einen freiwilligen Kommentator kommentiert bekommen. Er sagt Ihnen, was er gerade auf dem Spielfeld sieht. Besonders gefreut hat sich Marion als Sportmoderator Günther Koch das Spiel einige Minuten kommentierte.

Vielleicht fühlen auch Sie sich manchmal unsicher im Umgang mit Blinden. Soll ich  Hilfe anbieten oder besser nicht? Bevormunde ich den Blinden damit?

Marion freut sich über Hilfsangebote, hofft aber, dass niemand böse ist, wenn sie Hilfe ablehnt, da sie in unvertrauter Umgebung immer selbst genau wissen muss, wie die Situation ist, um die Orientierung nicht zu verlieren. „Die Leute bringen mich zwar sicher über die Straße, aber auf der anderen Seite weiß ich nicht genau, wo ich dann bin“ meint Marion und hat auch gleich noch einen guten Hinweis parat: „Fragt, aber seid nicht böse, wenn ich keine Hilfe brauche“.

Wir bedanken uns für das schöne Interview bei einer fröhlichen, eigenständigen Frau, die ihr Leben und die Leine fest in der Hand hat.