Von Lernen und New Work

„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“

von am Donnerstag, 13 Juni 2019
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Vor rund 2.500 Jahren hat Heraklit diesen weithin bekannten Aphorismus formuliert. Wenn wir also heute von digitaler Transformation sprechen, ist das dann einfach nur ein anderes Wording für ein jahrtausendealtes Phänomen?

Die kurze und knappe Antwort lautet: nein. Der Wandel, den Heraklit beschrieb und der auch die folgenden rund 2.400 Jahre in der Welt regierte, war ein langsamer Prozess, der eher im Generationenvergleich sichtbar wurde. Was wir aber heute erleben, hat eine vollkommen andere Qualität und Dynamik: Die digitale Transformation verändert Technologie, Gesellschaft und Wirtschaft in nie zuvor gesehener Tiefe und Geschwindigkeit. Die Rahmenbedingungen, in denen wir leben und arbeiten, sind geprägt von einer zunehmenden Flüchtigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit. In dieser sogenannten VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) zu arbeiten heißt, dass wir sowohl als Menschen wie auch als Organisationen neue Rahmenbedingungen schaffen müssen, um damit produktiv umzugehen.

New Work und Lernen

Unter dem Schlagwort New Work wird heute vieles subsumiert. Oft sind dann einzelne Themen gemeint – das reicht von der physischen Arbeitsplatzgestaltung bis hin zur Frage, was Arbeit in einer Wissensgesellschaft eigentlich wirklich ist. Aber erst die Summe der Themen wird der Komplexität der Fragestellung tatsächlich gerecht: New Work beschreibt einen Wandel, der auf vielen Ebenen auf das Thema Arbeit einwirkt. Flexible Arbeitsstrukturen, individuelle Potenzialentfaltung und Work-Life-Blending sind dabei zentrale Bestandteile.

Dabei ermöglicht der technische Fortschritt beispielsweise eine zunehmende Mobilisierung der Arbeit: Mobiles Arbeiten außerhalb des Büros sowie projektbezogenes und crossfunktionales Zusammenarbeiten führen dazu, dass die Bedeutung von Ort und Zeit immer mehr abnimmt. Dies wiederum hat strukturelle Folgen: Starre Präsenzzeiten an einem festgeschriebenen Arbeitsplatz mit streng regulierten Strukturen weichen flexiblen und teamorientierten Arbeitsformen. Ein attraktiver Arbeitsplatz wird nicht mehr nur durch Gehalt oder Position, sondern durch Flexibilität und Entfaltungsmöglichkeiten definiert – und durch die Erfahrung von Wirksamkeit. Wenn wir über New Work sprechen, meinen wir damit also Entwicklungen, die von Unternehmensstrategie über Organisationsentwicklung und Zusammenarbeit bis hin zu kulturellen Themen reichen.

Lerninhalte veralten immer schneller

Durch den rasanten Wandel der Umwelt, der Technologien und Arbeitsformen stehen wir heute vor dem Phänomen, dass Lerninhalte immer schneller veralten: Schulen und Hochschulen bereiten Menschen auf Tätigkeiten und Aufgaben vor, die vermutlich zum Großteil noch nicht existieren. Sie werden mit heute noch unbekannten Technologien arbeiten, um Probleme zu lösen, die wir noch nicht kennen. Unternehmen werden daher noch mehr als heute dafür sorgen müssen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der zukünftigen Arbeitswelt zurechtkommen. Bei DATEV führte das beispielsweise dazu, dass im Jahr 2018 von 1.200 angebotenen Kursen rund 450 Kurse komplett neu waren.

Und das ist nur ein Teil der Entwicklung: Lernen findet heute immer und überall statt: Wenn man etwas nicht weiß, ist der erste Reflex heute Google oder YouTube. Die Zeit von dem Erkennen einer Herausforderung bis zu ihrer Lösung ist in der neuen Arbeitswelt durch das Internet wesentlich kürzer geworden – und wird nicht mehr durch ein vorgegebenes Curriculum bestimmt, sondern durch die Herausforderungen des Alltags. Selbstgesteuertes Lernen heißt also, dass der Mitarbeiter sein aktuelles Problem oder Defizit zeitnah beheben will und muss. Der Mitarbeiter beschafft sich das Wissen genau dann, wenn er es braucht. Das kann vom YouTube-Tutorial über ein Webinar bis hin zu „Trial and Error“ sein. Dabei lernen wir oftmals auch unbewusst in kleinen Etappen.

Das Seminar ist veraltet, bevor es konzipiert ist

Mit diesen dynamischen Veränderungen können die bisherigen Bildungskonzeptionen mit dem Prinzip des Vorratslernens in Seminaren und mit formellen Lernprogrammen nicht mehr mithalten: Im Zweifel ist das passende Seminar in drei oder sechs Monaten schlicht zu spät und bereits veraltet. Neue Bildungskonzepte begegnen dieser Dynamik auf verschiedenen Ebenen. Das beginnt schon bei der Frage, wo und in welchem Rahmen Lernen stattfindet. Da gibt es natürlich noch das formelle Lernen in Kursen und Seminaren – sowohl im traditionellen wie im Online-Lernraum. Daneben haben sich mittlerweile aber auch zahlreiche informelle Formate entwickelt, beispielsweise Kleingruppen oder Communities, teamintern oder auch teamübergreifend. Eine Weiterbildungsabteilung kann diese Entwicklung nicht ignorieren oder aufhalten, sie muss vielmehr dafür sorgen, dass diese verschiedenen Lernräume und  -erfahrungen sich ergänzen und so modular aufgebaut sind, dass individuelles, bedarfsorientiertes Lernen möglich wird. Lernen entwickelt sich somit weg von der klassischen Wissensvermittlung hin zum Kompetenzerwerb – und zwar „on, near und off the job“.

Lernen und Lernbereitschaft werden zu Schlüsselkompetenzen auf individueller und organisatorischer Ebene. In diesem Sinne heißt New Work eben auch, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig mehr Eigenverantwortung hinsichtlich ihrer beruflichen Kompetenzentwicklung tragen und ihre Lernprozesse mehr und mehr selbst organisieren und steuern. Das bedeutet auch, dass sich die Anforderungen an die Kompetenzen stark verändern. Es geht vor allem um Selbstverantwortung, Veränderungsfähigkeit und Lernbereitschaft. Aber auch soziale Fähigkeiten wie Empathie, Reflexionsfähigkeit und Feedback-Kompetenz werden immer wichtiger. Diese Eigenschaften zu fördern, ist ein wesentliches Handlungsfeld für Unternehmen in den kommenden Jahren.

Mehr über den Arbeitgeber DATEV unter www.datev.de/karriere.

 

Über die Autorin:

Dr. Simone Wanken will dafür sorgen, dass das Unternehmen und die einzelnen Menschen erfolgreich sind. Seit September 2016 kann sie als Teamleiterin in der Personalentwicklung und Weiterbildung der DATEV aktiv dazu beitragen. Besonders die Themen New Work und Organisationsentwicklung haben es ihr angetan.