Meine Chefin Steffy Riedel hat schon einige Station auf ihrem Weg in der DATEV passiert und leitet aktuell eine Einheit im Außendienst der DATEV. Trotz der vielfältigen Erfahrungen – oder gerade deswegen – hat sie sich nochmal in einen Vorlesungssaal gesetzt. In einen virtuellen Raum allerdings. Und dieser Raum gehörte zu keiner geringeren Institution als der altehrwürdigen Stanford Graduate School of Business. Als Assistentin kenne ich ihren straffen Terminplan und habe sie gefragt.
Lisa: Warum hast du dir diesen Stress angetan? Fünf Wochen Blockunterricht, jeweils zwei Stunden Live-Vorlesungen unterschiedlicher Professoren, das ist doch ein enormer Aufwand.
Steffy: Ja, das ist richtig. Das war schon eine enorme Kraftanstrengung. Aber das war auch eine tolle Erfahrung. Denn die Teilnehmer kamen alle aus dem Management. Das hat uns vereint. Durch die internationale Ausrichtung sind auch Unterschiede deutlich geworden. Denn rein wirtschaftlich oder politisch betrachtet sind wir hier in Deutschland natürlich nicht mit Weltmächten wie China oder Russland zu vergleichen. Gerade diese Standortbestimmung ist aber faszinierend. Wo stehe ich selbst? Meine Firma? Mein Umfeld? Da kann man tatsächlich viel mitnehmen.
Lisa: Was war denn dein wichtigstes Learning?
Steffy: Das man besser keine Alibaba-Aktie kaufen sollte. Aber mal im Ernst. In dem Bereich gibt es natürlich kein konkretes Learning auf der Doing-Seite. Aber ich habe so viele unterschiedliche Impulse bekommen. Bei vielen Themen sind wir vergleichsweise gut auf Augenhöhe. Aber es ist – egal in welcher Position – immer wieder wichtig, sich selbst zu reflektieren. Denn wir alle wissen, ein Blick über die Grenzen hinaus schärft den Blick. Und dann ist es schon auch eine ungewöhnliche Experience, gemeinsam mit Teilnehmern aus aller Welt – beispielsweise waren sehr viele Teilnehmern aus Indien – in einer Vorlesung zu sitzen. Schade nur, dass durch das Online-Format das Networking meiner Meinung nach nicht in dem Maß möglich war, wie ich es mir gewünscht hätte.
Lisa: Aber die Teilnehmer waren doch alle onlineaffin?
Steffy: Das schon, aber wenn du immer nur über LinkedIn oder XING kommunizierst, fehlt die persönliche Begegnung. In jedem Fall war die Erfahrung den Aufwand wert. Und viele kleine Key Learnings lassen sich auch in den Arbeitsalltag integrieren – schon allein um die richtigen Fragen zu stellen. Besonders ist mir dieses Zitat hängengeblieben: “writing a high stakes communication without thinking about your audience first is like writing a love letter to whom it may concern”. So einfach, und doch fällt mir immer wieder auf, dass eben oft nicht nachgedacht wird.
Lisa: Weil im Arbeitsalltag der Blick fürs Wesentliche fehlt?
Steffy: Genau. Wir denken häufig sehr eindimensional. Wenn es um Führungsaufgaben geht, ist manches Mal auch ein Perspektivenwechsel nützlich. Und wir wissen, welchen Added Value Diversity generiert. Wir müssen sehr viel offener sein. Wer ein erfolgreiches Geschäftsfeld aufbauen will, muss mehrdimensional Denken. Super interessant war auch die Darstellung, wie ein M&A-Prozess aussehen kann.
Lisa: Für wen ist denn die Teilnahme einer solchen Veranstaltung zu empfehlen?
Steffy: Bei uns macht das auch wirklich nur für Manager mit einer breiten Führungsspanne Sinn. Ansonsten gibt es zu wenig Quick Wins, die mitgenommen werden können. Gerade zu Beginn war das auch ein sehr hohes Abstraktionsniveau. Für mich waren das anstrengende Wochen, die mir trotzdem viel Spaß gemacht haben. Und letztendlich konnte ich mich mal wieder auf den Stuhl eines Studierenden setzen.
Lisa: Und warum sollen wir jetzt keine Alibaba-Aktie kaufen?
Steffy: Weil da die äußerst schwierigen wirtschaftlichen und regulatorischen Bestimmungen deutlich werden. Die USA nehmen beispielsweise ein Unternehmen von der Börse, wenn es drei Jahre in Folge die neuen Audit-Anforderungen nicht erfüllt. Insofern könnten dann die erfolgreichen Tage schnell vorbei sein. Für Privatpersonen daher kaum empfehlenswert. Insofern ist das nur ein Beispiel von vielen.
Über unsere Interviewpartnerin: Stefanie Riedel
… ist nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Unternehmensgründung und Entrepreneurship 2006 als Mitarbeiterin bei DATEV eingestiegen. Seit 2019 verantwortet sie als Leitende Angestellte im Außendienst die Einheit Sales & Market Performance, Partner Channel. Privat ist sie verheiratet und hat zwei Kinder. Den Ausgleich zum Berufsalltag findet Stefanie neben ihrer Familie vor allem im Sport. Ob Laufen, Tennis oder Rad fahren spielt dabei keine Rolle – sie begeistert sich für eine Vielfalt an Sportarten und scheut auch nicht der Teilnahme an Triathlons oder Marathons.