Sabbatical bei DATEV - Ein Interview mit Tanja Pfeiffer

Eine Reise in die Tiefen des Selbst – Teil 2

von am Dienstag, 27 April 2021
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Schreibtisch gegen Hängematte tauschen? Für viele nur am Wochenende oder nach Feierabend möglich. Doch auch in diesen viel zu knappen Zeitfenstern wartet die Konkurrenz: Haushalt, soziale Verpflichtungen oder das DIY-Projekt, das man schon ewig fertig haben wollte – die Hängematte zieht da oft den Kürzeren. Die Lösung: ein Sabbatical. Man zieht sich für eine gewisse Zeit aus dem Berufsleben zurück und kann die Zeit nur für sich selbst nutzen. Wie das abläuft, was man mit der geschenkten Zeit anfangen kann und wie das mit dem Geld aussieht verraten uns Stephanie Abzieher und Tanja Pfeiffer. Heute erzählt uns Tanja Pfeiffer über ihr Sabbatical.

Tanja, du warst eine der ersten, die bei DATEV ein Sabbatical gemacht haben. Wie ist es dazu gekommen?

Auf der Intranet-Startseite tauchte 2012 ein kleiner Teaser auf „Betriebsvereinbarung Sabbatical ist unterzeichnet“ und innerhalb einer Woche habe ich dann einen Beratungstermin für das Sabbatical vereinbart. Mit 16 habe ich mit meiner Ausbildung bei DATEV gestartet, als das mit dem Sabbatical kam war ich schon 12 Jahre in der Firma und in meinem Kopf hat schon lange der Gedanke einer Weiterbildung gespukt. Die Umsetzung hat aber nie wirklich gepasst. Ich wollte auch nicht kündigen, um das zwischen zwei Jobs zu machen – das waren alles so große Schritte und das Sabbatical hat mir ermöglicht, dass ich mir mit meiner nicht akademischen Laufbahn ohne Auslands- oder Freisemester eine Auszeit für mich selbst gönnen konnte.

Welche Schritte gab es von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung? Wie sieht der Prozess bei DATEV aus?

Weil es damals noch neu war, habe ich mich einfach mit meiner Ansprechpartnerin im Personalbereich getroffen. Im Gespräch haben wir uns erstmal die Modelle angeschaut und überlegt welches für mich und für mein Vorhaben passen könnte. Als ich mich für eins entschieden hatte, hat mir die Kollegin meinen geänderten Lohn ausgerechnet. In meinem Modell waren es 75% vom Brutto-Gehalt und die Transparenz was das für das Netto-Gehalt bedeutet, ist für die finanzielle Planung extrem wichtig. Ich habe natürlich auch frühzeitig mit meinen Chefs gesprochen, aber der wichtigste Schritt für mich persönlich war dann die Entscheidung, ob ich das tatsächlich mache oder nicht. Ich wollte nicht auf eine Reise gehen, sondern mich persönlich weiterbilden. Das hat den Prozess insofern beeinflusst, dass ich mich dafür frühzeitig anmelden musste. Deswegen lief bei mir vieles parallel. Am Ende habe ich noch den Vertrag unterschrieben und dann ging es los mit der Ansparphase.

Womit hast du dein Sabbatical verbracht?

Ich bin sehr engagiert in der christlichen Jugendarbeit, deswegen wollte ich für mich persönlich eine Glaubens- und Lebensschule besuchen. Offiziell heißt es Bibelschule, aber der Name trifft es nicht so ganz. Wir waren 70 Studenten aus verschiedenen Ländern und haben gemeinsam theologische Fragen behandelt, waren im Umkreis unterwegs und konnten uns selbst kennen lernen. Für mich war das eine unvergleichbare Erfahrung und hat meinen Horizont auch kulturell erweitert. Meine Zimmergenossinnen waren aus den USA und Korea. Es war ein kleines Zimmer mit drei Betten und da sind schon drei verschiedene Kulturen aufeinandergeprallt. Das war eine richtig gute Zeit für mich, um für mich selbst zu wachsen.

Was hast du aus deinem Sabbatical mitgenommen? Haben sich deine Erwartungen erfüllt? Hast du dein Ziel erreicht?

Ja, total. Man startet sein Sabbatical und hat ein ganz bestimmtes Ziel im Kopf, aber schon nach zwei Wochen hatte sich das bei mir komplett geändert. Letztlich habe ich in dieser Zeit für mich festgestellt, dass ich nicht immer alles im Griff haben muss, dass ich Dinge loslassen und einfach die Zeit genießen kann, nicht immer sofort eine Antwort auf alles haben muss. Ich profitiere immer noch von dem, was ich in dieser Zeit über mich selbst gelernt habe und kann das auch das in meinen Arbeitsalltag integrieren.

Für ein Sabbatical gibt es unterschiedliche Modelle. Welches Modell hast du gewählt?

Ich habe mich für das dreimonatige Sabbatical entschieden, also neun Monate ansparen, drei Monate frei und dann wieder ganz normal in den Vertrag einsteigen.

Warst du zufrieden damit oder hättest du im Nachhinein ein anderes gewählt?

Für mich war das super. Die Schule selbst ging acht Wochen, das hat sich perfekt eingefügt. Anfangs hatte ich zwei Wochen, um die Arbeit hinter mir zu lassen, dann acht Wochen Weiterbildung und abschließend nochmal zwei Wochen zuhause, in denen ich mich wieder akklimatisieren und wieder ankommen konnte. Dieses eine Jahr aus Ansparen und Freistellung lässt sich extrem gut überblicken.

Hast du ein weiteres Sabbatical geplant?

Ich habe noch keinen konkreten Plan und viel zu viele Ideen. Aktuell warte ich noch auf den Wunsch, den ich mir unbedingt mit einem weiteren Sabbatical erfüllen möchte.

Welche Vor- und Nachteile siehst du in einem Sabbatical? Ist es eventuell ein Problem für die Karriere so eine längere Pause zu haben?

Ein Problem für die Karriere sehe ich durch ein Sabbatical überhaupt nicht. Letztlich ist es etwas – egal was du während der Zeit tust – was dich als Mensch verändern wird. Man kann Dinge ausleben, die man schon immer tun wollte und dadurch positiv bestärkt ins Arbeitsleben zurückkommt. In meiner Bibelschule habe ich viele Leute kennengelernt, die ihren kompletten Jahresurlaub plus alle Überstunden, für diese acht Wochen aufgespart haben. Menschen, die ihre Jobs gekündigt haben, weil es keine andere Möglichkeit gab. Es ist so luxuriös Zeit im Ausland zu verbringen, trotzdem Geld zu verdienen und sich um die Deckung der Fixkosten keine Sorgen machen zu müssen. Für mich hat das überhaupt nichts mit einem Karriereknick zu tun. Man kann ein Sabbatical machen und sich danach immer noch bewusst für oder auch gegen eine Karriere entscheiden.

Wie bereitet man sich auf so eine „längere“ Ausfallzeit vor?

Das ist von Job zu Job unterschiedlich. Damals habe ich im Produktmarketing gearbeitet und ich hatte Kollegen, die meine Aufgaben für die drei Monate übernommen haben. Es gab Dinge, die hab ich vorbereitet, eine Kollegin hat übernommen und anhand einer ausführlichen Dokumentation ausgeführt. Andere Aufgaben hat ein Kollege parallel mit mir bearbeitet, sodass er mich in den drei Monaten gut vertreten konnte und es gab auch Dinge, die ich auf die Zeit nach dem Sabbatical verschoben habe. Wichtig ist, dass man einen Ansprechpartner bestimmt, damit kein Anliegen ins Leere läuft.

Wie war die erste Woche „Back in Business“?

Das war wirklich hart und definitiv keine nine-to-five-Woche. Man muss sich wieder daran gewöhnen den ganzen Tag zu sitzen und auf den Bildschirm zu schauen. Aber nach ein bis zwei Wochen war ich wieder im Flow. Ich hatte mehrere Briefing-Termine und habe mich dadurch schnell wieder zurechtgefunden. Meine Kollegen haben mein E-Mail-Postfach gepflegt, sodass ich nur mit wenigen Mails starten musste. Das kann ich jedem nur empfehlen: Gebt jemandem die Macht über euer E-Mail-Postfach. Kein Mensch will sich nach einer Freistellungsphase erstmal durch 2.000 E-Mails klicken.

Wie haben dein Vorgesetzter und deine Kollegen auf deinen Plan, ein Sabbatical zu machen reagiert?

Von meinen Chefs habe ich ausschließlich Unterstützung und Support bekommen. Wir haben darüber gesprochen, was ich vorhabe, über den Zeitpunkt und was bis dahin an Vorbereitung passieren sollte. Ich musste überhaupt nicht dafür kämpfen, es war für alle okay und ich konnte es problemlos umsetzen.

Was empfiehlst du Kollegen, die überlegen, ein Sabbatical zu machen? Worauf sollte man sich einstellen?

Ich kann jedem nur raten, wenn man mit dem Gedanken spielt, wenn es die Möglichkeit gibt, wenn es die persönliche Situation hergibt – einfach machen. Es tut nicht weh, sondern bereichert einen. Es bringt nur positives sich das zu erfüllen, was man schon immer tun wollte.

Unsere Interviewpartnerin: Tanja Pfeiffer

 

hat nicht nur im Sabbatical viel gelernt, sondern auch in ihren mehr als 20 Jahren bei DATEV.

 

 

 

Hier schreibt für euch:

Josefin Weinert

hat im September 2017 ihr Verbundstudium bei DATEV begonnen. Neben ihrer Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement studiert sie Betriebswirtschaft an der Technischen Hochschule Georg Simon Ohm in Nürnberg. In ihrer Freizeit spielt sie in einer Theatergruppe, backt, liest oder widmet die Zeit dem Sport oder ihren Freunden.